Genusstraining in der Therapie

Ist es möglich im Rahmen einer Therapie aktives Genießen der „kleinen Dinge“ des Alltag zu erlernen?
Bereits 1983 veröffentlichte der Psychologe Dr. Rainer Lutz, gemeinsam mit der Psychotherapeutin Eva Koppenhöfer das Therapieprogramm „Die kleine Schule des Genießens“ als halbstandardisiertes verhaltenstherapeutisches Behandlungsprogramm. Als Genusstherapie oder -training ergänzt es heute immer öfter die etablierten psychiatrischen Behandlungsangebote.

Bis zu acht Patienten nehmen an den aufeinander aufbauenden ca. 90minütigen Sitzungen teil. Neben einer Einführungs- und Abschlusssitzung orientieren sich die weiteren Sitzungen an den fünf Sinnen des Menschen. Der Sitzungsaufbau ist immer gleich: nach einer Entspannungsübung folgen Wissenstransfer, Experimente und die Vorstellung einer „Hausaufgabe“ jeder einzelnen Teilnehmerin.
Das Programm hat einen starken Alltags- und Biografiebezug. Unabhängig von der Diagnose spricht es über die konkreten Wahrnehmungsübungen gezielt die gesunden Anteile vieler Patienten an. Patienten wechseln während der Sitzungen oft aus der Krankenrolle, sind aktiver, offener, zeigen bessere soziale Kompetenzen und weniger die krankheitsbedingten Symptome und Einschränkungen.

Beide Referenten arbeiten langjährig auf einer offenen allgemeinpsychiatrischen Akutstation, wo das Programm in Kooperation von Pflegepersonal und Ergotherapeuten seit mehreren Jahren zweimal in der Woche angeboten wird.
Das Therapieprogramm lässt sich aufgrund der Struktur und der Ressourcenorientierung sowohl im stationären, als auch im ambulanten Bereich anbieten.

Im Seminar werden neben den theoretischen Grundlagen zum Therapieprogramm, alle 7 Einheiten mit den Teilnehmerinnen durchgeführt, so dass die Inhalte unmittelbar nach dem Kurs in die Praxis umgesetzt werden können.

Inhalte:

  • theoretische Einführung in das Behandlungsprogramm
  • Vorstellung des Trainingsaufbaus und der Einheiten
  • Praktische Erprobung / Selbsterfahrung aller Einheiten

Handeln gegen Trägheit

Alle, die im Bereich der psychischen Gesundheit arbeiten, kennen die Situation, dass ihre Klienten aufgrund schwerer psychiatrischer Erkrankungen häufig Schwierigkeiten haben, persönliche Ziele zu formulieren.

Dementsprechend entsteht immer wieder der Eindruck, dass die Klienten unmotiviert sind, ihr Verhalten nicht ändern wollen und Pläne oder Empfehlungen nicht umsetzen können. Sie wirken dadurch auf andere abgestumpft. In der Arbeit mit diesen Menschen zeigt sich immer wieder, wie schwierig es ist, sie aus dieser oft schon lange bestehenden Trägheit herauszuholen.

Entweder wird die psychische Erkrankung oder die Person selbst für diese Trägheit verantwortlich gemacht. In beiden Fällen bleibt ein Gefühl der Hilflosigkeit und Frustration zurück. Inzwischen weiß man jedoch, dass es weder notwendig noch akzeptabel ist, die Trägheit eines Menschen als etwas Unveränderliches oder als „behandlungsresistent“ anzusehen.

Daher stellt sich die Frage, wie Passivität und Inaktivität abgebaut und gesundheitsförderliche Aktivitäten aufgebaut werden können.

Im Jahr 2010 veröffentlichte Terry Krupa zusammen mit acht Kolleginnen in Kanada die englischsprachige Intervention Action over inertia. Die Autoren, die sowohl in der Lehre als auch als praktizierende Ergotherapeuten in verschiedenen psychiatrischen Arbeitsfeldern tätig sind, haben damit die erste manualisierte ergotherapeutische Intervention für die psychiatrische Ergotherapie entwickelt und im Rahmen einer Pilotstudie erprobt.

Waren anfangs Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen die Zielgruppe, wird das Programm heute bereits bei Schmerzpatienten, Soldaten, die aus Kriegseinsätzen zurückkehren, Menschen, die vom Erwerbsleben in den Ruhestand wechseln und Menschen mit kognitiven Einschränkungen eingesetzt.

2021 wurde das Manual aktualisiert und dabei auch die Partizipation in den Fokus gerückt.

Worum geht es?

Das Programm richtet sich an Menschen, deren Betätigungsbalance zum Beispiel aufgrund einer schweren psychiatrischen Erkrankung aus dem Gleichgewicht geraten ist. Passivität, sozialer Rückzug, Bewegungsmangel, Teilhabeeinschränkungen oder Betätigungsseinseitigkeit sind häufig die Folge. Mit Unterstützung der Ergotherapeutin sollen sie in einem strukturierten Therapieprozess ihre Aktivitätsmuster so verändern, dass sich trotz krankheitsbedingter Einschränkungen ihre Betätigungsbalance, ihr Wohlbefinden und ihre Teilhabe verbessern. Das Programm folgt damit auch aktuellen recoveryorientierten Ansätzen. Das Manual stellt dazu umfangreiche Instrumente für die Therapie zur Verfügung, unterstützt die Strukturierung des Therapieprozesses und die Zusammenarbeit.

Handeln gegen Trägheit basiert auf dem Canadian Model of Occupational Performance and Engagement (CMOP-E) auf, ist stark klientenzentriert und konsequent alltagsorientiert. Der Referent hat das Manual komplett ins Deutsche übersetzt, kulturell angepasst und in einer Pilotstudie auf seine Anwendbarkeit überprüft. Zusammen mit zehn Kolleginnen hat er auch das Update übersetzt und 2023 veröffentlicht.

Das Therapieprogramm kann aufgrund seiner Struktur und Ressourcenorientierung sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich angeboten werden. Die Durchführung als Einzeltherapie ist sinnvoll, eine Anpassung an die eigenen Rahmenbedingungen ist jedoch möglich. Es erfordert keine besonderen Rahmenbedingungen und kann überall dort eingesetzt werden, wo mit (chronisch) psychisch kranken Menschen gearbeitet wird.

Inhalte:

  •  Theoretischen Grundlagen zum Therapieprogramm
  • Vorstellung der Therapiematerialien anhand von Selbsterfahrung und Fallbeispielen
  • Vertiefung der Inhalte in Gruppenarbeiten
  • Erfahrungen des Referenten

Literatur:
Krupa et al., (2021) Aktivität und Partizipation bei Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen fördern/Der Ansatz Handeln ermöglichen – Trägheit überwinden. (A. Pfeiffer, Trans. unter Mitarbeit von Munja Araci, Anja Gehringer, Inken Hullen, Wiebke Kleinhenz, Sonja Lambracht, Janine Rothmeier, Ellin Schulze, Silvia Schuppisser Bonderer, Claudia Wagner und Carla Wallimann) (1., 2023th ed.). Idstein: Schulz-Kirchner

Hinweis: Die Literatur ist nicht Voraussetzung für die Teilnahme am Kurs, jedoch zur Anwendung des Trainings in der Therapie notwendig.

Achtsamkeit in der Ergotherapie (Webseminar)

Achtsamkeitsbasierte Ansätze werden zunehmend wissenschaftlich erforscht und zeigen vielerlei Effekte in der Behandlung von psychisch und psychosomatisch erkrankten Menschen sowie zu Gesundheitsförderung und Prävention. In der Psychotherapie sind sie längst etabliert und auch für die ergotherapeutische Arbeit stellen sie eine wertvolle Methode dar, um Betätigungsperformanz und Lebensqualität zu unterstützen.

Im Seminar werden einführend theoretische Grundlagen zu Achtsamkeit vermittelt.

Der Fokus liegt auf der Erfahrung und Reflexion vielfältiger Übungen und Methoden zum achtsamen Umgang mit Körper & Sinnen, Gedanken, Gefühlen und Alltagssituationen. Dazu werden praktische Beispiele, Anleitungen und Tipps zur Umsetzung vermittelt.

Ein weiterer Schwerpunkt des Kurses stellt die Nutzung von achtsamkeitsbasierten Ansätzen im ergotherapeutischen Setting dar.

Offenheit und Neugierde für Selbsterfahrung und Erfahrungsaustausch sind hilfreich.

Inhalte:

  • Grundlagenwissen zu Achtsamkeit
  • Vorstellung und Erprobung von Achtsamkeitsübungen
  • Achtsamkeit als therapeutische Haltung
  • Achtsamkeit bei psychischen & psychosomatischen Erkrankungen
  • Einsatz im ergotherapeutischen Setting
Bitte beachten: Der Kurs findet als Live-Webseminar über den Anbieter Zoom statt. Dafür ist ein Laptop/PC/Tablet mit Kamera & Mikrofon Voraussetzung. Der Zugangslink sowie weitere Infos folgen nach Anmeldung bzw. nach Zahlungseingang. Alle Teilnehmer/Videos sind während des Webseminars für die anderen Teilnehmer der Seminargruppe sichtbar und ein Austausch ist möglich. Für Webinare gelten diese AGBs.