Fundstücke im Juni

Orange paper boat with a white flag

Das Internet ist voller bereicherndem Wissen und guter Ideen! Jeden Monat sammle ich altbewährte und frische Fundstücke für Ergotherapeuten zusammen.

Vielleicht hat es niemand bemerkt, im Mai habe ich es einfach nicht geschafft, Fundstücke zu sammeln. Dafür gibt es diesmal einige Links mehr für euch!

Handlungsplan ist eine Wissensplattform, auf der Ergotherapeuten aus Österreich und Deutschland spannende Artikel ergotherapeutischen Themen veröffentlichen.

Im DVE-Shop gibt es eine tolle Auswahl an kostengünstigen Flyern und Broschüren zur Ergotherapie mit Kindern. Neu ist u.a. der gelungene Flyer über Ergotherapie bei Kindern mit wechselndem Handgebrauch.

Auf der Seite zur Kindergesundheit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt’s tolle Broschüren zu allen wichtigen Elternfragen rund ums Kind zu bestellen und die allermeisten sogar kostenlos!

Wer auf der Suche nach fundierten Infos und Materialien zum Störungsbild ADHS ist, wird auf den Seiten vom zentralen adhs-netz und von ADHS-Deutschland e.V. fündig.

In Zusammenarbeit mit dem Mediastep-Institut hat Faber-Castell die Broschüre „Stift für Stift zur eigenen Schrift“ entwickelt, die natürlich Werbung für deren Produkte machen soll, nebenbei aber schön erklärt, was zum Schreibenlernen wichtig ist.

Wer Flimmo noch nicht kennt – das ist das Fernsehprogramm für Eltern von 3-13-Jährigen. Erscheint dreimal im Jahr auch als Broschüre, die zur Weitergabe an Eltern kostenlos abonniert werden kann.

Das Bundesministerium für Familie hat das Projekt „Schau hin!“ initiiert. Eltern können an einem 30-Tage-Programm teilnehmen und werden geschult, wie sie ihre Kinder besser im Umgang mit TV, Internet, Sozialen Netzwerken und Mobilen Geräten begleiten können. Außerdem gibt’s die Infos auch zum Download und auch in türkischer Sprache.

Internet-Regeln für Kinder findet ihr in der Broschüre für Kinder „Ein Netz für Kinder. Surfen ohne Risiko“, ebenfalls vom Bundesministerium für Familie und Jugend.

Ergotherapie-Kongress

Kongress_Bielefeld

Fachausstellung

Britta

Am Wochenende war ich in auf dem Ergotherapie-Kongress!
Ich startete mit dem Vortrag „Ergotherapeuten an die Schulen!“ von Berit und Steffi. Mit auf den Weg gegeben haben sie uns ihre Erfahrung, dass Schulen durchaus finanzielle Wege kennen, um lohnende Konzepte von Ergotherapeuten zu etablieren. Das macht Mut und gibt Anschwung in die richtige Richtung! Noch in diesem Jahr erscheint auch ihr Elternbegleitheft zum EST.

Total gefreut habe ich mich darüber unsere Referentinnen Caroline Adler und Sabine Vinçon persönlich kennenzulernen, da ich die beiden bisher nur vom Mailen kannte.
Den Einblick in die Arbeit von Caroline fand ich sehr bemerkenswert und berührend! Sie lud in ihrem Vortrag dazu ein, Assessments nicht standardmäßig zu nutzen, sondern für jeden Klienten individuell auszuwählen.

Weil ich mich so kurzfristig zum Kongress entschlossen habe, gab es kein günstiges Hotelzimmer mehr und ich habe die Gelegenheit genutzt und Airbnb getestet. Mein Zuhause war die bunte Wohnung einer Therapeutin und zwischen Buddhas und Engeln fühlte ich mich erstaunlich gut aufgehoben und hatte Spaß am Mitwohnen. Der nächste Kongress ist in Würzburg (06. – 08. Mai 2016) und ich habe schon mal gekuckt, was es dort für Zimmer gibt!

Nadine Saxer gab mit charmantem Schweizer Akzent einen Einblick in ihre Studie zur Alltagsbewältigung von Menschen mit Depression, die bestätigt, dass diese Klienten durch aktives Handeln positive Gefühle und mehr Energie erfahren und damit weiteres Handeln initiiert werden kann.

Zu jedem Kongress erscheint auch neue Ergo-Literatur: Endlich ist das PEAP fertig und mein erster Eindruck ist, dass sich die jahrelange Arbeit der Autorinnen sehr gelohnt hat! Das COPM ist in aktualisierter Auflage und mit neufarbigen, übersichtlicheren Bögen erschienen. Außerdem gibt es jetzt das umfangreiche Buch „Produktivität und Teilhabe“ mit nützlichen Infos und Beispielen rund um die Arbeitstherapie.

Zu Arbeit gab es auch Sonntag einen Themenblock und nach der etwas zu kurzen Kongressparty-Nacht war ich sehr dankbar, dass auch diese Vorträge mich begeistert haben. Thorsten Hirsch stellte vor, wie er betriebliche Inklusionsprozesse unterstützt und berichtete, dass dabei häufig mehr möglich ist, als wir (auch wir Therapeuten) uns vorstellen können. Sabine Plaehn präsentierte ihr spannendes Interventionsprogramm zu „Arbeitslosigkeit als Chance“ und ich hoffe sehr, davon bald mehr zu hören. Der Bereich Arbeit spricht mich an und habe große Lust mich mehr damit auseinanderzusetzen und weitere Fortbildungen dazu zu planen!

Das ist es, was der Kongress kann und macht – er stößt an, reflektiert und bestärkt und bringt mein Ergoherz jedes Mal total zum Schwingen! Noch immer in diesem Flow überlege ich, fast zehn Jahre nach dem Ende meiner Ausbildung, mich selbst zurück ins Behandeln zu wagen – weil es einfach ein so großartiger Beruf ist!

(Alle die auf dem Kongress waren finden im kleinen Programmheft aus Seite 4 das Passwort, mit dem die Präsentationen auf der DVE-Seite abgerufen werden können. Wer nicht da war und trotzdem neugierig ist, kann sicherlich direkt bei den Referenten danach fragen!)

Fundstücke

schneckenhaus

Das Internet ist voller bereicherndem Wissen und guter Ideen! Jeden Monat sammle ich altbewährte und frische Fundstücke für Ergotherapeuten zusammen.

Gute und fundierte Infos zu Störungsbildern und Behandlungsansätzen bieten immer noch und immer wieder die Leitlinien der AWMF. Unter anderem hat es die Ergotherapie immerhin die UEMF-Leitlinie und die Leitlinie zu Depression geschafft!

Zur Entwicklungs- und Testdiagnostik mit Kindern hat unser toller Referent Dr. Thorsten Macha eine ganz hilfreiche Seite zusammengestellt und auch seine Vorträge darf man downloaden!

Wer gerne mit dem COPM a-kids arbeitet, kann sich die Vorlagen beim Schulz-Kirchner Verlag ausdrucken.

Die ergopraxis bietet ausgewählte Artikel als kostenlose Leseproben an. Aktuell „Ein roter Faden für die Therapie“, in dem der Behandlungsablauf in der Pädiatrie verständlich erklärt wird.

Mit dem Artikel „Ist die Verbesserung von Feinmotorik ein ergotherapeutisches Therapieziel?“ von Ellen Romein habe ich während meiner Ausbildung endlich begriffen, was Ergotherapie bedeutet. Seitdem bin ich ein Fan von ihr! Auf ihrer neuen Internetseite erklärt sie, wie eine Betätigungsanalyse durchführt wird und wie man klientenzentrierte Ziele formuliert.

Zur Ergotherapie bei ADHS / UEMF hat der DVE vor kurzem ein Positionspapier verfasst, in dem Behandlungsstandards für die Ergotherapie festgehalten sind und auf das auch Nicht-Mitglieder Zugriff haben. Ganz ganz toll! Davon brauchen wir unbedingt mehr!

Interview: Andreas Pfeiffer

Andreas_Blog_bearb.1

Wenn ich Andreas Pfeiffer eine E-Mail schicke, landet sie immer mitten in seinem Urlaub. Mittlerweile mit guter Treffsicherheit – wie ich das schaffe bleibt mir allerdings ein Rätsel. Diesmal habe ich ihn in Kanada erwischt! Aber er betont, dass es sich nicht um Urlaub handelt, sondern um eine Inspirations-Reise. Umso besser, dann komme ich mir nicht ganz so störend vor. Meinen Fragebogen hat er freundlicherweise einfach in sein Inspirations-Programm integriert und mit einem frisch-frostigen Fotogruß zurückgeschickt! Am liebsten hätte ich noch ein paar Fragen zu Kanada hinterhergeschickt – aber es ist ja auch eine schöne Idee, ein zweites Interview anzudenken!

Wie sieht deine Arbeit aus, was machst du?
Ich arbeite auf einer offenen psychiatrischen Akutstation in der Erwachsenenpsychiatrie. Zwischen 10.00 und 12.00 Uhr biete ich dort eine offene Ergotherapiegruppe an. Zusätzlich besteht für die Patienten auch die Möglichkeit Einzeltermine zu vereinbaren. Mit den Kolleginnen der Pflege biete ich hier auch das Genusstraining an. Nachmittags arbeite ich noch in einem zentralen Angebot der Ergotherapie. Zusammen mit einem Kollegen bieten wir hier Ergotherapie mit technischen Medien an.

Was ist das Beste und was das Schwierigste daran?
Ich mag die Arbeit im Team. Sowohl auf Station mit Kolleginnen anderer Professionen, als auch in der Ergotherapie. Wir sind immerhin um die 40 Ergotherapeuten. Schwierig sind manchmal die Umweltbedingungen im Krankenhaus… da braucht man eine gute Portion Pragmatismus und gute Laune.

Was bedeutet Ergotherapie für dich?
Hammer-Frage! Ich will einen Beitrag leisten, dass „meine“ Patienten die Dinge tun können, die für sie wichtig sind und die einen Beitrag zu deren Gesundheit und Wohlbefinden leisten. Hört sich an wie eine Definition… aber ich meine das genau so!

Was inspiriert dich für deine Arbeit?
Fortbildungen… und der Austausch mit Kolleginnen in und außerhalb der Ergotherapie. Aber besonders inspiriert mich der Erfolg in der Arbeit… wir sind schon sehr erfolgsverwöhnt.

Was wünschst du dir für deine Arbeit? Und wovon träumst du?
Ich leide etwas unter der Ökonomisierung in der Gesundheitswirtschaft… es ist schon eine Herausforderung, dabei noch klientenorientiert zu arbeiten… ich würde mir mehr Zeit und weniger Leistungserfassung wünschen.

Was hat Genusstraining mit Ergotherapie zu tun?
Genusstraining hat einen direkten Bezug zum Alltag, zum gegenwärtigen Moment, mit all seinen Problemen aber auch schönen Seiten. Auch Ergotherapie in der Psychiatrie sollte genau diesen Blick haben.

Du engagierst dich bei der DGPPN – an welchen Projekten arbeitest du aktuell mit?
Zur Zeit ist es ´mal ruhig. Ich habe den Deutschen Verband der Ergotherapeuten bei einigen psychiatrischen Leitlinien der DGPPN vertreten, beispielsweise der S3-Leitlinie Psychosoziale Therapien oder der S3-Leitlinie Zwangsstörungen. Auch hier habe ich sehr von dem interdisziplinären Ansatz profitiert… einschließlich der Patientenvertreter und der Angehörigen. Auch wenn die Ergotherapie kaum hochwertige Studien für solche Leitlinien hat, spürt man schon die Wertschätzung für das, was wir tun.

Was würdest du den Ergotherapeuten im Fachbereich Psychiatrie gerne mal sagen?
Bastelt nur mit Menschen, die auch schon vor der Erkrankung als Hobby gebastelt haben. Das gilt auch für Handarbeiten und Malen… Solche Patienten habe ich auch und da macht das wirklich Sinn… das sind bei mir aber höchstens 30%. Bei dem Rest sollte der Blick genauso auf deren individuellen Interessen liegen. Wenn ich je mal in die Psychiatrie komme, will ich nicht basteln… das steht auch in meiner Patientenverfügung: Keine Mandalas, kein Ton, kein Peddigrohr, kein Speckstein, keine Puzzles … das wäre mein Horror… glatt ein Grund zu dekompensieren.
Wenn ich noch was sagen darf: Lasst den (Psycho-)analysequatsch – wir können das wirklich nicht!

Was machst du in deiner Freizeit? Was inspiriert dich privat?
Ich reise gerne, fahre gerne Fahrrad (Genussradeln), liege gerne im eigenen Garten ´rum und mache Tai Chi. Außerdem koche und esse ich gerne und mag Rotwein. Das Foto zeigt mich vor dem zugefrorenen Lake Ontario in Kanada. Die Temperaturen waren im März 2015 zweistellig im Minus und man konnte mit dem LKW über das Eis zu den Inseln (im Hintergrund) fahren. Ich habe dort an der Queens-University, in einigen Kliniken und ambulanten Einrichtungen übrigens ganz viele Kolleginnen besucht um neue Ideen für die Arbeit zu bekommen. Die Kanadier sind unglaublich gastfreundschaftlich!

Danke lieber Andreas, für deine Zeit und deine klaren Antworten!

Interview: Berit Menke

Berit_Blog_2015

Ganz oft unterhalte ich mich mit Referenten oder Seminarteilnehmern und denke, wie schade, dass nicht noch mehr Zeit ist, ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen, sich auszutauschen. Vor allem würde ich gerne auch mehr von diesen Begegnungen erzählen, von den vielen Ergotherapeuten, die an so spannenden Projekten arbeiten und neue, kreative Wege gehen!

Jetzt habe ich eine Möglichkeit gefunden, das zu tun und freue mich total auf Interviews mit tollen Ergos und darauf, diese mit euch hier zu teilen!
Wie schön, dass ich gleich im ersten Interview meiner lieben ehemaligen Kollegin und unserer Referentin Berit Menke Fragen stellen darf! Danke für deine Antworten, liebe Berit!

Viel Freude und Inspiration beim Lesen!

Wie sieht deine Arbeit aus, was machst du?

Ich arbeite in einer Praxis für Ergotherapie in Hannover in einem kleinen, feinen Team vor allem mit Kindern mit AD(H)S. Wir achten auf eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Eltern durch eine individuelle Beratung und praktisches Coaching. Dadurch kommen Eltern mit einem großen Beratungswunsch gezielt zu uns. Dass wir im Team auch viele Fortbildungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten im Bereich „Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten“ gemacht haben und wir sehr verhaltenstherapeutisch-orientiert arbeiten hat sich ebenfalls in einem recht großen Einzugsgebiet herumgesprochen, so dass Eltern, deren Kinder in diesem Bereich ihre Schwierigkeiten haben, oft einen weiten Weg zu uns in Kauf nehmen.
Außerdem bieten wir viele verschiedene Gruppen, an vom Kindergartenalter bis zu den Jugendlichen – alle ohne allzu lange Wartezeiten. Als Autorin des Ergotherapeutischen Sozialkompetenz-Trainings (EST) ist diese Gruppe fest in meiner Hand gemeinsam mit einer Kollegin.
Neben der Arbeit in der Praxis arbeite ich noch an zwei Grundschulen und führe dort Gruppentrainings mit den Schwerpunkten Sozialkompetenz (EST als Teamtraining), Aufmerksamkeit und Selbststrukturierung und Lerncoaching durch -teils mit gezielt aus verschiedenen Klassen ausgewählten Kindern, teils im Klassenverband.
Als drittes gebe ich Seminare zum EST und entwickle zusammen mit meiner Freundin und Mitautorin des EST Steffi Otte-Löcker das Training weiter und koordiniere dessen Evaluation.

Was ist das Beste und was das Schwierigste daran?
Das Beste und das Schwierigste zugleich sind die unterschiedlichen Arbeitsbereiche: Praxis, Schule und das EST an sich. Ich mache alles gleich gerne und alles entwickelt sich stetig weiter. Die Schulen sind als Arbeitsbereich für mich noch relativ neu und die Zusammenarbeit mit den Lehrerinnen und Sozialpädagoginnen ist sehr inspirierend – auch für die Arbeit in der Praxis und das EST. Es gab im Sommer eine Änderung, dass Schulen nur noch mit juristischen Personen, z.B. Vereinen zusammenarbeiten dürfen, wodurch wir gerade viel zu organisieren haben, dass die Schularbeit weiter laufen kann.
Das Organisieren ist insgesamt der Teil meiner Arbeit, den ich in allen drei Bereichen als den Schwierigsten ansehe: Gruppen neu zusammenstellen und dafür mit vielen Eltern telefonieren und deren Terminwünsche zu berücksichtigen, Verordnungsfragen zu klären, Seminartermine zu koordinieren und vernünftige Rahmenbedingungen für die Arbeit an den Schulen zu schaffen, die alle Beteiligten rechtlich absichern, zieht viel Zeit und Energie, die ich lieber in die eigentliche Arbeit mit den Kindern, Eltern und Lehrern stecken würde. Und „ganz nebenbei“ habe ich ja auch meine eigene Familie mit zwei Kindern, die in meinen beruflichen Plänen natürlich auch eine große Rolle spielt.

Was bedeutet Ergotherapie für dich?
Als ich beschlossen habe Ergotherapeutin zu werden, dachte ich: Dieser Beruf wird nie langweilig. Jeder Mensch, der zu dir kommt, hat neue Ziele, einen neuen Alltag, neue Stärken, Interessen und Probleme. Und genauso ist es. Ergotherapie bedeutet für mich, in meiner Arbeit, die Eltern und die Kinder nach ihren Zielen zu fragen und individuell auf ihren Alltag zugeschnitten an diesen Zielen zu arbeiten. Da kann ich nicht einfach sagen: das Kind hat ADHS, also mache ich immer folgendes… Das eine Kind liebt Mathe, weil es so schön klare Regeln gibt, das nächste findet Mathe genau deshalb schrecklich und schreibt am liebsten lange Aufsätze über Reisen ins Weltall. Manchmal ist man auch der erste „Fußballtrainer“ mit CO-OP-Ansatz, weil das Kind sagt: „Ich schieße oft volle Kraft auf`s Tor, aber treffe nie! – Das will ich ändern!“ Ich selber lerne bei jedem Kind ein bisschen dazu.

Was inspiriert dich für deine Arbeit?
Die Arbeit an der Schule ist sehr inspirierend. Ich kann dort direkt im schulischen Alltag arbeiten und mich mit den Lehrern und Schulsozialarbeiterinnen austauschen. Die Angebote entwickeln sich in diesen interdisziplinären Gesprächen weiter und es kommen auch völlig neue Ideen dazu. Vor allem die Arbeit mit ganzen Klassen ist neu für mich und ich war beim ersten Mal schon sehr aufgeregt.
Die Lehrerinnen nicht nur in Bezug auf ein Kind während der Umfeldberatung zu sprechen, sondern Schul- und Lehrerzimmeralltag mitzubekommen ist wieder ein „Alltagspuzzlestein“ mehr, den ich in Bezug auf die Arbeit mit den Kindern und Eltern auch in der Praxis nutzen kann.
Die Seminare zu geben ist auch inspirierend: Sie haben einen ähnlichen Effekt, wie eine Fortbildung zu machen: Wenn ich ein ganzes Wochenende erzählt habe, wie ich optimaler Weise arbeiten möchte und spannende Fragen und Beispiele von den Teilnehmern bekommen habe, entwickele ich oft auf der Zugfahrt schon neue Ideen für die Kinder, die am Montag zu mir kommen. Oder mir fällt auf, wo ich etwas ändern muss, um weiter zu kommen. Ich habe, wie glaube ich alle Therapeuten, Lieblingsfehler, die sich gerne einschleichen möchten in meine Therapien. Da bin ich froh, die Seminare zu haben, die mich regelmäßig therapeutisch durchrütteln.
Meine Zusammenarbeit mit Steffi ist auch immer sehr bereichernd. Es kommt häufig vor, dass wir uns gegenseitig Planungen z.B. für Elternabende in der Schule mailen mit der Bitte noch mal Rückmeldung zu geben. Wir arbeiten auf sehr ähnliche Art und Weise aber in völlig unterschiedlichen Einzugsgebieten und in anderen Settings. Das macht den Austausch zusätzlich spannend.
Mein Team ist auch inspirierend – nur leider ist die Zeit in der Praxis oft viel zu knapp, um diese Quelle richtig nutzen zu können.

Was wünschst du dir für deine Arbeit? Und wovon träumst du?
Ich träume davon, dass es völlig normal wird, dass Ergotherapeutinnen an Schulen arbeiten. Das Konzept, dass Eltern Schulbegleiter für ihr Kind beantragen, der dann auch nur für dieses Kind zuständig ist, ist jetzt schon im Umbruch. Aber wo geht es mit der Inklusion hin? Wie wird Schule gestaltet, dass alle Kinder die Unterstützung bekommen können, die sie brauchen? Das ist spannend und dazu gilt es mit Ideen zu entwickeln. Ich finde uns Ergotherapeuten in der Hinsicht zu leise und zurückhaltend. Es ist schließlich günstiger, dass die Kinder zu uns in die Praxis kommen und die Krankenkassen bezahlen, als Ergotherapeuten von Geldern für die Schulen zu bezahlen. Aber wann sollen die Kinder zu uns kommen, wenn immer mehr Schulen zu Ganztagsschulen ausgebaut werden? Um 17 Uhr nach 8 Stunden Schule? Und was ist mit den Kindern, deren Eltern es aus unterschiedlichen Gründen nicht schaffen, ihr Kind in die Praxis zu bringen, wenn es um Chancengleichheit geht? Es geht einerseits darum, sich inhaltlich zu positionieren – überspitzt gesagt klar zu stellen, dass wir deutlich mehr können, als Griffverdickungen zu verteilen und auf Sitzpositionen zu achten. Andererseits ist es ein Kampf um Gelder, die man wieder nur bekommt, wenn man den eigenen Nutzen nachweisen kann.
Da ist auch schon der zweite Traum: Ergotherapie mit vielen eigenen Konzepten, die gut evaluiert sind. Ergotherapie mit Forschungsgeldern für eben genau dieses. Nicht mehr: ich arbeite nach… einem von Psychologen oder Pädagogen entwickelten Konzept, sondern mit einem ergotherapeutischen Training. Die Teilnehmer in den Seminaren arbeiten oft in Anlehnung an bestehende Konzepte mit tollen Adaptionen und Ergänzungen. Los geht`s! Veröffentlichen! Und bitte unterstützt die Studierenden, die sich die Mühe machen, bestehende Konzepte zu überprüfen!

Wie geht es mit dem EST weiter?
Das EST wird gerade als präventives Teamtraining schulfit gemacht. Steffi und ich arbeiten beide schon mit dem EST an der Schule und bekommen erfreulicher Weise auch immer mehr Nachfragen von anderen Ergotherapeutinnen dazu. Deshalb überarbeiten wir gerade vor allem die Elternmaterialien. Ideengeber für das jetzige Konzept war ein Englisch-Workbook. Entstehen wird eine Art Trainingstagebuch, das informiert und Raum für eigenen Ideen, Gedanken und Erfahrungen lässt. Wir sind im Endspurt!
Zudem arbeiten wir weiterhin mit Studierenden zusammen, die das EST im kleinen Rahmen evaluieren. Da es alters- und störungsübergreifend konzipiert ist, ist es sehr aufwendig, es zu evaluieren oder positiv gesehen: Es bietet Raum für viele, viele Bachelor- und Masterarbeiten.
Helene Polatajko sagte auf einem Ergotherapiekongress mal sinngemäß und mit einem Augenzwinkern zu uns: Wenn ihr das Training als ganzes evaluieren wollt in einer großen Wirksamkeitsstudie, dann lasst euch durch einen Millionär, dessen Kind erfolgreich am EST teilgenommen hat, die Forschung finanzieren. Seither warten wir auf das Kind aus Dubai und solange das nicht kommt suchen wir weiter nach engagierten Studierenden. Das war auch ihr Plan B.

Was machst du in deiner Freizeit? Was inspiriert dich privat?
Privat ist es meine Familie, die mich inspiriert. Man steckt in einer Art Dauerfortbildung mit sofortiger Rückmeldung. Als meine Tochter mal nach den Hausaufgaben sagte: „Manchmal ist es schon toll, eine Ergotherapeutin zur Mama zu haben!“ War das ein riesen Kompliment für mich.
Außerdem tanze ich seit ein paar Jahren modernes Ballett. Ich habe immer gerne getanzt – aber nie Ballett und habe mich, weil die Trainingszeit so toll ist, in einen Kurs gemogelt, der eigentlich nicht für Anfänger gedacht ist. Jetzt kann ich Kinder mit Koordinations- oder Gleichgewichtsproblemen viel besser verstehen. Ich kann ihnen aber auch sagen: Auch wenn man irgendetwas nicht so gut kann oder nicht so schnell lernt, wie andere, kann es unheimlich viel Spaß machen. Meine Ballettlehrerin hat aber auch viel Geduld und lobt ganz viel und ihre fröhlichen „Ja – FAST!“ –Rufe beinhalten auch immer häufiger mal ein „Super, Berit!“ das mich mit stolz geschwellter Brust nach Hause radeln lässt.

Zeit sich zu zeigen!

Et voil

Immer wieder bekommen wir Anfragen von Eltern, die für ihr Kind einen Ergotherapeuten suchen, der Experte für die eine oder andere Behandlung ist. Außerdem fragen Ergotherapeuten an, die beim Umzug eines Klienten einen weiterbehandelnden Ergo mit dem gleichen Behandlungsschwerpunkt empfehlen möchten und Ärzte, die Ergotherapeuten suchen, die nach dem Wunstorfer Konzept arbeiten.

Das ist meist mit etwas Suchaufwand verbunden, der uns aber wenig stört, vor allem, wenn z.B. klar wird, welche Odyssee die Eltern bei der Therapeutensuche bereits hinter sich haben und dass sie bereit sind, für den passenden Ergotherapeuten auch weite Wege auf sich zu nehmen. Natürlich empfehlen wir von Herzen gerne jede Therapeutin und jeden Therapeuten, die/der sich bei uns weitergebildet hat!

Für uns und unsere Arbeit ist es auch ein schönes Feedback und eine Bestätigung, dass es sich sehr lohnt, Ergotherapeuten zu Experten fortzubilden – ihr werdet gesucht!

Damit ihr auch gefunden werdet haben wir uns vor einiger Zeit entschlossen, unsere zertifizierten Therapeuten (natürlich nur die, die mögen) online zu stellen und die Welt wissen zu lassen, welche wunderbaren Ergotherapeuten sich bei uns weiter qualifiziert haben!

Selbstverständlich finden wir alle unsere Fortbildungsteilnehmer super und es ist uns eine Freude, euch alle kennenzulernen! Allerdings wäre es wirklich zu viel Aufwand für uns, die Teilnehmer aller Kurse online zu stellen… aber wie ihr jetzt wisst, sind wir gerne behilflich, wenn ihr bei einer Suche unsere Unterstützung brauchen!

Was ihr jedoch selbst dazu beitragen könnt und solltet ist, eure Internetseite zu aktualisieren (am besten heute noch!) und allen Therapiesuchenden zuzurufen „Hey, ich bin hier, ich hab da was, ich kann da was!“ Informiert darüber, zu welchen Behandlungsansätzen und Störungsbildern ihr und eure Mitarbeiter Experten sind und lasst euch finden!