Handeln gegen Trägheit

Alle, die im Bereich der psychischen Gesundheit arbeiten, kennen die Situation, dass ihre Klienten aufgrund schwerer psychiatrischer Erkrankungen häufig Schwierigkeiten haben, persönliche Ziele zu formulieren.

Dementsprechend entsteht immer wieder der Eindruck, dass die Klienten unmotiviert sind, ihr Verhalten nicht ändern wollen und Pläne oder Empfehlungen nicht umsetzen können. Sie wirken dadurch auf andere abgestumpft. In der Arbeit mit diesen Menschen zeigt sich immer wieder, wie schwierig es ist, sie aus dieser oft schon lange bestehenden Trägheit herauszuholen.

Entweder wird die psychische Erkrankung oder die Person selbst für diese Trägheit verantwortlich gemacht. In beiden Fällen bleibt ein Gefühl der Hilflosigkeit und Frustration zurück. Inzwischen weiß man jedoch, dass es weder notwendig noch akzeptabel ist, die Trägheit eines Menschen als etwas Unveränderliches oder als „behandlungsresistent“ anzusehen.

Daher stellt sich die Frage, wie Passivität und Inaktivität abgebaut und gesundheitsförderliche Aktivitäten aufgebaut werden können.

Im Jahr 2010 veröffentlichte Terry Krupa zusammen mit acht Kolleginnen in Kanada die englischsprachige Intervention Action over inertia. Die Autoren, die sowohl in der Lehre als auch als praktizierende Ergotherapeuten in verschiedenen psychiatrischen Arbeitsfeldern tätig sind, haben damit die erste manualisierte ergotherapeutische Intervention für die psychiatrische Ergotherapie entwickelt und im Rahmen einer Pilotstudie erprobt.

Waren anfangs Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen die Zielgruppe, wird das Programm heute bereits bei Schmerzpatienten, Soldaten, die aus Kriegseinsätzen zurückkehren, Menschen, die vom Erwerbsleben in den Ruhestand wechseln und Menschen mit kognitiven Einschränkungen eingesetzt.

2021 wurde das Manual aktualisiert und dabei auch die Partizipation in den Fokus gerückt.

Worum geht es?

Das Programm richtet sich an Menschen, deren Betätigungsbalance zum Beispiel aufgrund einer schweren psychiatrischen Erkrankung aus dem Gleichgewicht geraten ist. Passivität, sozialer Rückzug, Bewegungsmangel, Teilhabeeinschränkungen oder Betätigungsseinseitigkeit sind häufig die Folge. Mit Unterstützung der Ergotherapeutin sollen sie in einem strukturierten Therapieprozess ihre Aktivitätsmuster so verändern, dass sich trotz krankheitsbedingter Einschränkungen ihre Betätigungsbalance, ihr Wohlbefinden und ihre Teilhabe verbessern. Das Programm folgt damit auch aktuellen recoveryorientierten Ansätzen. Das Manual stellt dazu umfangreiche Instrumente für die Therapie zur Verfügung, unterstützt die Strukturierung des Therapieprozesses und die Zusammenarbeit.

Handeln gegen Trägheit basiert auf dem Canadian Model of Occupational Performance and Engagement (CMOP-E) auf, ist stark klientenzentriert und konsequent alltagsorientiert. Der Referent hat das Manual komplett ins Deutsche übersetzt, kulturell angepasst und in einer Pilotstudie auf seine Anwendbarkeit überprüft. Zusammen mit zehn Kolleginnen hat er auch das Update übersetzt und 2023 veröffentlicht.

Das Therapieprogramm kann aufgrund seiner Struktur und Ressourcenorientierung sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich angeboten werden. Die Durchführung als Einzeltherapie ist sinnvoll, eine Anpassung an die eigenen Rahmenbedingungen ist jedoch möglich. Es erfordert keine besonderen Rahmenbedingungen und kann überall dort eingesetzt werden, wo mit (chronisch) psychisch kranken Menschen gearbeitet wird.

Inhalte:

  •  Theoretischen Grundlagen zum Therapieprogramm
  • Vorstellung der Therapiematerialien anhand von Selbsterfahrung und Fallbeispielen
  • Vertiefung der Inhalte in Gruppenarbeiten
  • Erfahrungen des Referenten

Literatur:
Krupa et al., (2021) Aktivität und Partizipation bei Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen fördern/Der Ansatz Handeln ermöglichen – Trägheit überwinden. (A. Pfeiffer, Trans. unter Mitarbeit von Munja Araci, Anja Gehringer, Inken Hullen, Wiebke Kleinhenz, Sonja Lambracht, Janine Rothmeier, Ellin Schulze, Silvia Schuppisser Bonderer, Claudia Wagner und Carla Wallimann) (1., 2023th ed.). Idstein: Schulz-Kirchner

Hinweis: Die Literatur ist nicht Voraussetzung für die Teilnahme am Kurs, jedoch zur Anwendung des Trainings in der Therapie notwendig.

CO-OP (Webseminar)

Im ersten Teil dieses Workshops (am 1. und 2. Tag) wird der evidenzbasierte CO-OP- Ansatz (Cognitive Orientation to Daily Occupational Performance) von Dr. Helene Polatajko und Kollegen (Kanada) vorgestellt und praktisch erprobt.

Der CO-OP-Ansatz ist auf verschiedenen Ebenen wissenschaftlich erforscht und in seiner Wirksamkeit evaluiert. Er wird v. a. in der Therapie von Kindern mit umschriebenen Entwicklungsstörungen der motorischen Funktionen (UEMF) in den entsprechenden Versorgungsleitlinien als wirksam empfohlen. Darüber hinaus gibt es inzwischen vielversprechende Pilotstudien und Erfahrungen bei CO-OP mit Erwachsenen und Klient*innen mit anderen Störungsbildern, wie z.B. Autismus, Apolex u.a.

Der CO-OP-Ansatz beruht auf dem betätigungsorientierten und klientenzentrierten Top-Down-Ansatz und auf aktuellen Theorien zum motorischen und kognitiven Lernen. Er befähigt Kinder mit Hilfe der globalen Problemlösungsstrategie und der geleiteten Entdeckung, eigene Strategien zu finden, um für sie bedeutsame Ziele zu erreichen. Dadurch gewinnen die Klient*innen Selbstvertrauen und erlernen Strategien, auch andere Probleme im Alltag anzugehen. Generalisierung und Transfer sollen eine Übertragung in den Alltag gewährleisten.

Im Workshop werden die zugrunde liegenden Theorien vorgestellt und die Rahmenbedingungen aufgezeigt, die für Entwicklung, Anwendung, Generalisierung und Transfer von kognitiven Strategien erforderlich sind. Neben der Vorstellung des CO-OP-Ansatzes und der Analyse von Videosequenzen werden die wesentlichen Elemente des CO-OP im Workshop praktisch erprobt, so dass die Teilnehmer*innen die nötigen Fertigkeiten zur Anwendung des CO-OP erwerben können.

Inhalte 1. und 2. Tag : CO-OP kennenlernen
  • Kurzvorstellung des Störungsbild Umschriebene Entwicklungsstörung Motorischer Funktionen (UEMF)
  • Theoretische Hintergründe und Forschungsergebnisse
  • Einsatz kognitiver Strategien
  • Dynamische Ausführungsanalyse
  • Geleitete Entdeckung
  • Elternbeteiligung/-beratung

Danach sollen praktische Erfahrungen mit der Methode in der Praxis gesammelt werden. Der Vertiefungs-Tag (3. Tag) bietet die Gelegenheit sich über die Erfahrungen mit CO-OP auszutauschen und das Wissen über CO-OP zu vertiefen. Jetzt stehen die eigenen Fallbeispiele und Erfahrungen mit CO-OP im Mittelpunkt. Es werden u. a. spezifische Aspekte und die Fragen nach den Möglichkeiten und Grenzen, den Schwierigkeiten und Erfolgen der Anwendung von CO-OP diskutiert. Darüber hinaus wird auch ein Einblick über neuste Entwicklungen zum Thema gegeben. Weiterhin besteht die Möglichkeit, mitgebrachte Videobeispiele zu analysieren und ggf. einzelne CO-OP-Vorgehensweisen praktisch zu vertiefen.

Inhalte 3. Tag: Vertiefen des CO-OP-Wissens und Erfahrungsaustausch
  • Erfahrungsaustausch
  • Videoanalysen
  • Ideenpool
  • Praktische Vertiefung
  • Neue Entwicklungen

Hinweise:

  • Der Kurs ist 3tägig:
    3. Kurstag des Kurses am 09./10.05.2023 ist am 11.09.2023 (= neuer Termin! alle 3 Tage online)
    3. Kurstag des Kurses am 12./13.09.2023 ist am 13.05.2024 (alle 3 Tage online)
Kurse 2024:
Ab nächstem Jahr bieten wir aus organisatorischen Gründen keine CO-OP-Kurse mehr an.
Aber: Britta Winter wird wie gewohnt zwei Online-Kurse geben und ihr könnt euch dafür direkt bei ihr anmelden!

Termine:
Kurs 1: 14./15.05.2024 und 09.09.2024
Kurs 2: 10./11.09.2024 und Mai 2025

Kosten: 600,00 €

Anmeldung & Fragen: Britta Winter, info@ergotherapie-winter.de

  • Der Vertiefungstag beinhaltet die Vorstellung eigener Video-Fallbeispiele!
  • Kenntnisse über klientenzentriertes und betätigungsorientiertes ergotherapeutisches Arbeiten sind sehr hilfreich für die Teilnahme an diesem Workshop.
  • Der Ansatz ist auch eine Bereicherung für die Arbeit mit erwachsenen psychiatrischen oder neurologischen Klient*innen. Daher ist der Kurs offen für Ergotherapeut*innen aller Fachbereiche.
Die CO-OP-Kurse finden ab sofort immer als Live-Webseminar (über den Anbieter Zoom) statt. Dafür ist ein Laptop/PC/Tablet mit Kamera & Mikrofon Voraussetzung. Der Zugangslink sowie weitere Infos folgen nach Anmeldung bzw. nach Zahlungseingang. Alle Teilnehmer/Videos sind während des Webseminars für die anderen Teilnehmer der Seminargruppe sichtbar und ein Austausch ist möglich. Für Webseminare gelten diese AGBs.

ET 6-6-R

Der ET 6-6-R ist ein fachübergreifendes Standard-Diagnostikum im deutschen Sprachraum. Seine Anwendung ermöglicht die Erstellung eines differenzierten Entwicklungsprofils über fünf (ab 42 Monate sechs) Entwicklungsbereiche innerhalb eines breiten Altersspektrums.

Im Kurs werden zunächst die Grundannahmen des Verfahrens erläutert. Darauf folgend werden durchführungsbezogene Aspekte des ET 6-6-R   (Materialien, Protokollierung, Besonderheiten in den verschiedenen Altersbereichen) ausführlich erörtert. Praktisch wird dies anhand von Demonstrationen und Übungen erarbeitet. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Erstellung und Interpretation von Entwicklungsprofilen. Der Praxisbezug wird mit Hilfe von Fallbeispielen hergestellt. Die Aussagemöglichkeiten des ET 6-6-R bezüglich förderdiagnostischer Fragestellungen sowie der Entwicklungs- und Therapiekontrolle werden anschaulich erörtert.Was ist neu?
  • besonders gute Differenzierungsfähigkeit im unteren und mittleren Leistungsbereich
  • Erweiterung der Aufgabenmenge von zuvor 180 Aufgaben auf nun 245 Aufgaben
  • neue Materialien
  • deutliche Erhöhung des Standardisierungsgrades der Aufgaben
  • übersichtliche Neugliederung der Entwicklungsbereiche in (1) Körper- und (2) Handmotorik, (3) kognitive Entwicklung und (4) Sprachentwicklung sowie die (5) sozial-emotionale Entwicklung ohne weitere Unterbereiche
  • der bewährte zusätzliche Untertest Nachzeichnen bleibt ab 42 inhaltlich überarbeitet erhalten
  • Neugestaltung der Auswertung und Interpretation mit: bereichsspezifischen Entwicklungsquotienten, neu erhobenen Testnormen, neugestalteten Protokollmaterialien
 Inhalte:
  • Grundlagen der Testkonstruktion
  • Durchführungsbezogene Aspekte
  • Auswertung und Interpretation der Entwicklungsprofile anhand von Fallbeispielen
  • Exemplarische Erprobung der Testdurchführung (Demonstration, Übungen)

Ergotherapie bei Kindern mit UEMF

In diesem Kurs bekommen Sie kompaktes Wissen zur Umschriebenen Entwicklungsstörung der motorischen Funktionen (UEMF), welche auch als Koordinationsstörung bezeichnet wird.

Kinder mit UEMF zeigen Schwierigkeiten beim Erwerb motorischer Fertigkeiten im grob- und feinmotorischen Bereich und benötigen besondere Voraussetzungen um alltägliche Fertigkeiten wie Fahrrad fahren, Ball spielen und malen und schreiben zu erlernen. Oft treten auch begleitende Störungen, wie mangelndes Selbstwertgefühl, soziale Probleme oder ADHS auf.

Im Seminar werden Grundlagen zum motorischen Lernen, leitliniengetreue Diagnostikinstrumente und der Symptomatik der UEMF vermittelt. Darauf aufbauend wird auf die evidenzbasierten und aufgabenorientierten Behandlungsansätze CO-OP und NTT eingegangen. Speziell die Diagnose F82.1: UEMF der Fein- und Grafomotorik ist eine häufig gestellte Diagnose im ambulanten ergotherapeutischen Bereich. Somit wird speziell auf die Diagnostik, Grundlagen und Behandlungsansätze bei grafomotorischen Schwierigkeiten eingegangen. Informationen zur Umfeldberatung runden das Thema ab.

Inhalte:

  • Leitlinie UEMF
  • Motorisches Lernen
  • Diagnostik
  • Behandlungsansätze: CO-OP, NTT
  • Grafomotorik
  • Umfeldberatung bei UEMF

Zertifizierungstag

Wenn Sie die entsprechenden Module / Kompaktkurse belegt haben, können Sie folgende Zertifikate erwerben:

  • Ergotherapeutische Elterntrainerin
  • ETP-ADHS-Trainerin
  • Grafomotorik- & Handschrift-Trainerin
  • Ergotherapeutische Beraterin für Eltern, Erzieher und Lehrer

Für die Zertifizierung muss eine Facharbeit erstellt werden, die am Zertifizierungstag präsentiert wird. Weitere Informationen dazu erhalten die Teinehmerinnen rechtzeitig vor dem Termin.

Wichtiger Hinweis: Bitte beachten Sie die neue Kursgebühr ab 2017: 130,00 €